Buchumschlag (Ausschnitt) Norbert Huse, Denkmalpflege. Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten. Müchen 2006 (1984). © Verlag C. H. Beck, München.

Huse, Norbert: Denkmalpflege. Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten. München, C. H. Beck, 2006 (1984). ISBN 978 3 406 40544 0

Weil Denkmal immer für eine aktuelle Gegenwart Denkmal ist, kann auch Kunst immer nur im Kunstbegriff dieser Gegenwart erkannt werden.“ (Tilmann Breuer: Baudenkmalkunde. Versuch einer Systematik (1981). In: Huse, Denkmalpflege, 2006, 234-240, 240).

In den heute gültigen Denkmalbegriff ist die kreative und spontane Rolle des erkennenden Subjekts untrennbar integriert, spätestens seit Alois Riegl so eindrücklich nachgewiesen hat, dass nicht eine besondere Bedeutung in den alten Dingen selber liegt, sondern dass wir denkenden Subjekte ihnen solche Bedeutungen unterlegen, d. h. dass zum Begriff des Denkmals die Beeinflussbarkeit seiner Bedeutung durch die Öffentlichkeit untrennbar dazugehört oder, präziser, dass die Denkmalbedeutung vom erkennenden Subjekt eingesetzt wird.“ (Georg Mörsch: Zur Differenzierbarkeit des Denkmalbegriffs (1981). In: Huse, Denkmalpflege, 2006, 241-243, 243).

Norbert Huses (1941-2013) Standardwerk Denkmalpflege. Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten gehört in den Kanon nicht nur der zeitgenössischen Denkmalpflege sondern bildet auch ein unverzichtbares Handwerkszeug von Historiker_Innen und Kultur- bzw. Kunstwissenschaftler_Innen, die um ein tieferes Verständnis ihrer Disziplin und Gegenstände bemüht sind. Das ebenso umfangreiche wie luzide Überblickswerk erschöpft sich nicht in der Analyse historischer Texte zum Begriff des Denkmals, seinen jeweiligen Bedeutungen und zu denkmalpflegerischer Praxis; vielmehr werden die zahlreichen Verbindungen und Interdependenzen zu anderen, heute brandaktuellen Themengebieten – etwa den Theorien zu Nation und Nationalismus, den Politics of Identity, der Kulturerbetheorie etc. – deutlich. Huses Denkmalpflege ist über die Grenzen des Fachs hinaus von akuter gesellschaftlicher Relevanz.

Der Autor beginnt seine Analyse mit der Unterscheidung früher denkmalpflegerischer Initiativen von der institutionalisierten Denkmalpflege (Italienische Präludien, 11-16): „[…] denn aus der Menge der Nachrichten [über Erstere] auf Zusammenhang oder Kontinuität schließen zu wollen, wäre Illusion“ (11). Vielmehr war für Letztere der „Abschied von einer normativen Ästhetik und einem normativen Geschichtsverständnis im 18. Jahrhundert“ (15) Bedingung und Voraussetzung gleichermaßen. Denkmalpflege ist damit „ein Kind des Historismus und ein Enkel der Aufklärung“ (11).

In einem kurzen Überblick fasst Huse die Vorstufen und Voraussetzungen (17-33) der institutionalisierten Denkmalpflege anhand von Beispielen aus (Kultur-)Philosophie und Ästhetik (Nietzsche, Burckhardt), Literatur (Goethe, Von deutscher Baukunst, 1771) und juristischer Kodifizierung (etwa: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, 1794) zusammen, bevor er im Kapitel Nationaldenkmäler (34-61) anhand von weiteren Textzeugnissen – etwa von Ferdinand Max von Schenkendorf, Karl Friedrich Schinkel, Friedrich Schlegel, Joseph Görres und anderen – die Engführung von historischen Bauwerken mit Versuchen zur Bestimmung einer deutschen Nationalkultur und -religion unter dem Eindruck der napoleonischen Kriege nachzeichnet: „Zugleich führten die Gefährdung der nationalen Existenz in den napoleonischen Kriegen und die Ablehnung der liberalistischen Reformen Bonapartes als einer Spätfolge der Französischen Revolution zu einer pathosgeladenen Verbindung des Nationalen und des Religiösen. Diese Konstellation wirkte dann auch auf die Vergangenheit zurück und ließ aus einigen der zahllosen deutschen Ruinen Nationaldenkmäler werden“ (34). Hier formulieren Willer/Weigel/Jussen (2013) in ihrer Monografie zum Begriff des Erbes im Anschluss an Huse: „Die Etablierung des ‚kulturellen Erbes‘ funktioniert […] über eine Verwandlung von Artefakten der Vergangenheit in Monumente der Nation“ (25). Als prominente Bauwerke und aussagekräftige Belege dienen wiederum Huse die historischen Kontroversen um die Marienburg in Westpreußen und den Kölner Dom. An Letzterem und weiteren Beispielen zeigt der Autor auch, wie Bauwerke der Gotik nach Franzosen und Engländern bald auch den Deutschen als Beispiele  „ihres“ Nationalstils (39) galten.

Karl Friedrich Schinkel (62-83) als „bedeutendste[m] Architekt[en] seiner Zeit“, der zugleich auch „ihr bedeutendster Denkmalpfleger“ war (62) widmet Huse das folgende Kapitel. Schinkels Engagement erwuchs demnach aus dem Spannungsverhältnis zwischen den wachsenden baugeschichtlichen Kenntnissen, die sich einem neuen historischen Interesse verdankten einerseits und der „Zerstörungswelle“ der Französischen Revolution und deren Auswirkungen in den deutschen Fürstentümern andererseits. Die Konsequenz die Schinkel als Beobachter zog, war die Forderung nach einem staatlichen institutionalisierten Schutz für Kunstdenkmäler. Letztere „waren für Schinkel ein öffentliches Gut, ihre Erhaltung deshalb von öffentlichem Interesse. Öffentlichkeit aber war für den Preußischen Oberbaudirektor identisch mit dem Staat. Diesem sah Schinkel in der Denkmalpflege eine neuartige, kontinuierliche Aufgabe erwachsen […]“ (63). Schinkel forderte die Inventarisation der Kunstdenkmäler ebenso wie Zurückhaltung bei ihrer Restaurierung. In ausgewählten Texten von Franz Theodor Kugler, dem „Freund und Biographen Schinkels“, und Ferdinand von Quast, dem ersten Konservator von Kunstdenkmälern in Preußen, wird schließlich die Fortsetzung der Forderungen Schinkels, deren Kern Institutionalisierung und Qualifizierung der Denkmalpflege ausmachen, deutlich.

Im Kapitel Restaurieren oder Konservieren (85-124) umreist Norbert Huse den Ursprung der vielleicht bedeutendsten Kontroverse des Themengebiets, die bis heute unverändert maßgeblich zwischen Denkmalschützern, Kunst(Historikern) und Architekten besteht: Wie umgehen mit baulichen Zeugnissen, den „Dokumenten alter Kultur“ (Hermann Muthesius, 1902) oder „steinernen Urkunden“ (Zeitschrift Die Denkmalpflege, 1899)? Im 19. Jahrhundert waren es zunächst die Diskurse in Frankreich – „[…] eine handlungsfähige staatliche Denkmalpflege gab es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nur im zentralistischen Frankreich“ (85) – und England, die die Gelehrten in Deutschland beschäftigten. Die beiden Pole der Debatte, die sich hier bereits abzuzeichnen beginnen, bestehen in idealistischen Restaurierungen eines imaginierten „reinen“ Stils einerseits und dem „treuhänderischen“ Konservieren historischer Spuren andererseits. Als bedeutende Integrationsfigur führt Norbert Huse den französischen Schriftsteller, Ingenieurarchitekten und Theoretiker Eugène-Emmanuel Viollet-le-Duc an: „Seine technischen, organisatorischen und konzeptionellen Leistungen waren so außerordentlich, seine Aktivitäten so ausgreifend und seine Erfolge so strahlend, dass er lange Zeit auch für die Denkmalpfleger anderer Länder die Identifikationsfigur schlechthin war“ (85). Viollet-le-Duc selbst wandelte sich im Verlauf seiner Karriere vom „Anwalt größter Vorsicht“ (86) im Hinblick auf Restaurierungen zum Idealisten, der historische Gebäude „in einen Zustand der Vollständigkeit“ zurückversetzen wollte, „der möglicherweise nie zuvor existiert hat“ (88). Einen anderen Ansatz, nämlich den der „treuhänderischen“ Bewahrung authentischer historischer Spuren, verfolgten etwa die Engländer John Ruskin und dessen Schüler William Morris: „Der Feind, vor dem die Denkmäler geschützt werden sollten, waren die Restauratoren, also die damalige Denkmalpflege“ (92). Mit Gilbert Scott, dem „englische[n] Viollet-le-Duc“ hatte John Ruskin einen Gegenspieler, der ähnlich idealistische Positionen vertrat wie das französische Vorbild.

Die französischen und englischen Positionen beeinflussten die Debatte in Deutschland, die allerdings erst um einiges verspätet am Ende des 19. Jahrhunderts nachgeholt wurde (93). Als prominentes Beispiel führt Huse hier die Kontroverse um das im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1689-1693) zerstörte Heidelberger Schloss an, in die sich der Kunsthistoriker Georg Dehio 1902 mit seinem berühmten Text Was wird aus dem Heidelberger Schloss werden? einschaltete. Bis dahin jedoch galt maßgeblich eine Restaurierungspraxis, die Dehio in seinem Text als vandalisme restaurateur bezeichnet hatte und die den Baudenkmalen eher schadete als sie zu schützen. Ihr Ziel bestand in der Wiederherstellung eines vermeintlich „reinen Stils“, dem charakteristische Merkmale und Hinzufügungen späterer Epochen in „Purifizierungen“ geopfert wurden: „Binnen kurzem wurde aus solchem Restaurierungseifer eine Praxis, die schon wegen der Ignoranz und Indolenz vieler der Verantwortlichen den Denkmälern in wenigen Jahren weit mehr Schaden zufügte als die Jahrhunderte der Vernachlässigung (89)“. Unter dem Eindruck dieser Entwicklung und ihren Folgen für die Denkmäler setzte sich allmählich der Grundsatz der erhaltenden Konservierung vor der „wiederherstellenden“ Restaurierung durch.

Dabei blieb die Debatte im 19. Jahrhundert nicht auf einen engen Kreis von Experten begrenzt; von denkmaltheoretischen Fragestellungen wurden vielmehr auch Johann Wolfgang Goethe (Die Wahlverwandtschaften) und der Schriftsteller und oberösterreichische Konservator Adalbert Stifter umgetrieben. Neben entsprechenden Auszügen aus Goethes Roman (1809) und einem Bericht Adalbert Stifters über die Restaurierung des Kefermarkter Altars (Stifter: 1853, Altar: 15. Jh., Kefermarkt, Oberösterreich), führt Huse Schriften von August Reichensperger, Wilhelm Lübke, Theodor Fischer ebenso wie den Leitartikel zum ersten Heft der Zeitschrift Die Denkmalpflege (1899) unter anderen an.

Mit Denkmalwerte: Alois Riegl und Georg Dehio (124-149) widmet Norbert Huse wiederum zwei historischen Protagonisten ein eigenes Kapitel. Der Denkmalbegriff, den die beiden Kunsthistoriker in ihren Schriften zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickeln, ist im Grunde bis heute unverändert gültig. Beide trieb die Frage um, „[…] wer eigentlich, wann, mit welchem Recht und anhand welcher Kriterien Denkmaleigenschaften festlegt“ (124). Eine Antwort unter anderen fand Dehio mit der berühmten und viel zitierten Feststellung „Unsere Losung lautet: allerdings nicht restaurieren – wohl aber konservieren […]. Man konserviere, solange es irgend geht, und erst in letzter Not frage man sich, ob man restaurieren will“ (Denkmalschutz und Denkmalpflege im neunzehnten Jahrhundert, 1905). In diesem Zitat ist nicht nur der Paradigmenwechsel in der deutschen Denkmalpflege konserviert, es wird auch das verantwortliche Personal neu bestimmt. Fortan werden, wie Huse wiederum schreibt, „Selbstverständnis und Theorie der Denkmalpflege von den Kunsthistorikern bestimmt“ (124). Sowohl Georg Dehio als auch Alois Riegl traten für einen treuhänderischen Umgang mit Denkmalen ein. Die Rolle des Experten war die des redlichen Mittlers zwischen Vergangenheit, Zukunft und Gegenwartsinteresse, wobei dem Bauwerk urkundlicher Charakter zugesprochen wurde. Jede willkürliche Veränderung monumentalen historischen Textes jedoch bedeutet demnach eine Unaufrichtigkeit gegenüber der dem Bauwerk eingeschriebenen Geschichte. Alois Riegl war es auch, der jedem überindividuellen Denkmalwert eine Absage erteilte. Der Wert eines Denkmals ist vielmehr ein interpretatorisch-individueller: „Dass dieser Sachverhalt heute noch vielfach verkannt, der Denkmalwert noch immer vorwiegende im ‚Schönen‘ und im ‚Historischen‘ gesucht wird, ist die eigentliche Quelle aller Unklarheiten, Missverständnisse und erbitterten Streitigkeiten auf diesem Gebiete […] das erstere […] ist nur dem ästhetisch Gebildeten, das zweite bloß dem wissenschaftlich historisch Gebildeten zugänglich. Das Entscheidende in der Wirkung eines Denkmals auf den modernen Beschauer bildet keines von beiden. Dieses liegt vielmehr in einem an sich undefinierbaren Gefühl, das sich lediglich als eine unstillbare Sehnsucht nach Anschauung eines ‚Alten‘ äußert“ (Neue Strömungen in der Denkmalpflege, 1906)

Im Kapitel Denkmalpflege und Heimatschutz (150-181) zeichnet Norbert Huse eine weitere Öffnung von Denkmalbegriff und Gegenstand nach. Spielte das „Naturdenkmal“ im Denkmalkonzept Riegls bereits eine Rolle, so wird, wie Huse zeigt, an den Schriften etwa Paul Clemens deutlich, wie der Denkmalschutz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend auch vormals als unbedeutend wahrgenommene Architektur mit einbezog. Der Denkmalbegriff wird erweitert von „großen Bauorganismen von nationaler und provinzialer Bedeutung“ auf alle „kleinen, unscheinbaren Zeugnisse der Baukunst bis herab zu Heiligenhäuschen und Bildstöcken; […] bis herab zu den bescheidenen Schöpfungen der Volkskunst; das ganze Gebiet des Wohnbaus, des Bauernhauses, […] und ganz von selbst sind wir auf diese Weise gekommen zur Ausdehnung des Schutzes der Denkmalpflege auf das ganze Stadtbild, zur Erhaltung des historischen Ortsbilder, des Landschaftsbildes“ (Entwicklung und Ziele der Denkmalpflege in Deutschland, 1911). Denkmalpflege und Heimatschutz vollziehen im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts, wie Huse schreibt und mit Texten u. a. von Ernst Rudorff, Hugo Conwentz und Adolf Loos eindrucksvoll belegt, „endgültig [ihre] Vermählung“ (150). Nicht unwesentlich für diese Entwicklung war der Eindruck der „extreme[n] und massenweise[n] Gefährdung immer neuer Lebensbereiche. Der zunehmenden politischen Zentralisierung und der sozialen Nivellierung aller Lebensbereiche [der] immer mehr lokale und regionale Traditionen zum Opfer [fielen]“ (152). In Huses Auswahl historischer Texte stechen besonders die des tschechisch-österreichischen Kunsthistorikers Max Dvořák hervor, dessen Katechismus der Denkmalpflege (1915) in diesem Zusammenhang bis in die unmittelbare Gegenwart von Bedeutung ist.

Das Kapitel Denkmalpflege und Wiederaufbau (182-209) stellt die Zäsur des Zweiten Weltkriegs in den Mittelpunkt. Die beispiellose Zerstörung historischer Bauwerke stellte die Denkmalpflege nicht nur vor bis dahin ungekannte Herausforderungen. Mit dem Wiederaufbau der deutschen Städte wurden auch noch ganz andere Fragen nach Kompetenzen und Prioritäten aufgeworfen. Anhand verschiedener Kontroversen und unterschiedlicher Ansätze – als Beispiele dienen Huse etwa das Goethehaus in Frankfurt, die Alte Pinakothek in München, der Prinzipalmarkt in Münster oder das Gründungsviertel von Lübeck – zeigt Norberte Huse, das es verallgemeinerungsfähige Lösungen in der Denkmalpflege nicht gab und auch nicht geben kann.

Das wird deutlich im Ausblick von Norbert Huses Werk in dem der Autor mit dem Kapitel Probleme von heute (210-243) seine Argumentation schließt und dabei zeigt, dass die Themen der großen Vordenker der deutschen Denkmalpflege – Dehio und Riegl – nach wie vor brandaktuell sind: „Die Normalität des Instandsetzens, Renovierens, Sanierens und Restaurierens im Alltag hat heute mit der Arbeit der Amtswerkstätten höchstens noch den Namen gemein. Unwissenheit, Indolenz und die Sucht nach einem Zustand ‚wie am ersten Tage‘ gingen ein unseliges Bündnis ein. Die aus der Not der Trümmerwüsten geborene Einsicht, dass Konservieren nicht immer genüge, sowie der Glanz der scheinbar aus dem Nichts wiedererstandenen Großprojekte nährten die Meinung, man könne nicht nur ‚restaurieren‘, sondern müsse es auch […] Eine einigermaßen differenzierte Diskussion über Grundsatzfragen der Denkmalpflege gibt es in der Bundesrepublik erst seit gut fünfzehn Jahren. Im Anlass, in den Strukturen und auch in den Inhalten ist diese Diskussion der um die Jahrhundertwende erstaunlich ähnlich. Deren Argumente und Ergebnisse scheinen aber so weitgehend vergessen, dass der damals erreichte Stand oft erst mühsam und allmählich zurückgewonnen wird. Eins der Leitmotive war damals wie heute die Frage, was alles, in welcher Weise und für wen zum Denkmal werden kann“ (210f.). Gilt diese Feststellung vor dem Hintergrund gewichtiger Beiträge (etwa Kruft, 1993; Conrads/Neitzke, 2010; Scheurmann/Meier, 2013) auch nicht mehr absolut – der Blick nach Dresden, Frankfurt oder Berlin zeigt, dass die Tendenz unverkennbar dieselbe geblieben ist. So stehen die brillanten Beobachtungen Tilmann Breuers und dessen Vorschlag zu einer Systematik der Baudenkmalkunde, die in Denkmaltopographie, Denkmaltopologie und Denkmaltypologie unterscheidet, die gemeinsam die Denkmallandschaft (in einem wissenschaftlichen Sinn) bilden, vollkommen zu Recht am Ende von Huses Werk. Denn erst im Vergleich der historischen Wandlung der Inhalte dieser drei Kategorien kann sich Denkmalpflege als Wissenschaft Rechenschaft über sich selbst geben: „Hier wie überall gilt als Grundaxiom des wissenschaftlichen Fortschritts, dass er in der Schärfung, Verdeutlichung und damit in der Kritik der Begriffe liegt. […]“ (Breuer, Baudenkmalkunde. Versuch einer Systematik, 1981).

Norbert Huses Denkmalpflege. Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten gehört in den Bücherschatz eines jeden Geisteswissenschaftlers, der mit Fragen zu Kunst, Architektur, Kultur, Kulturerbe, Denkmalpflege, Identität und angeschlossener Gebiete befasst ist.

Huse, Norbert: Denkmalpflege. Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten. München, C. H. Beck, 2006 (1984). ISBN 978 3 406 40544 0

Weil Denkmal immer für eine aktuelle Gegenwart Denkmal ist, kann auch Kunst immer nur im Kunstbegriff dieser Gegenwart erkannt werden.“ (Tilmann Breuer: Baudenkmalkunde. Versuch einer Systematik (1981). In: Huse, Denkmalpflege, 2006, 234-240, 240).

In den heute gültigen Denkmalbegriff ist die kreative und spontane Rolle des erkennenden Subjekts untrennbar integriert, spätestens seit Alois Riegl so eindrücklich nachgewiesen hat, dass nicht eine besondere Bedeutung in den alten Dingen selber liegt, sondern dass wir denkenden Subjekte ihnen solche Bedeutungen unterlegen, d. h. dass zum Begriff des Denkmals die Beeinflussbarkeit seiner Bedeutung durch die Öffentlichkeit untrennbar dazugehört oder, präziser, dass die Denkmalbedeutung vom erkennenden Subjekt eingesetzt wird.“ (Georg Mörsch: Zur Differenzierbarkeit des Denkmalbegriffs (1981). In: Huse, Denkmalpflege, 2006, 241-243, 243).

Norbert Huses (1941-2013) Standardwerk Denkmalpflege. Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten gehört in den Kanon nicht nur der zeitgenössischen Denkmalpflege sondern bildet auch ein unverzichtbares Handwerkszeug von Historiker_Innen und Kultur- bzw. Kunstwissenschaftler_Innen, die um ein tieferes Verständnis ihrer Disziplin und Gegenstände bemüht sind. Das ebenso umfangreiche wie luzide Überblickswerk erschöpft sich nicht in der Analyse historischer Texte zum Begriff des Denkmals, seinen jeweiligen Bedeutungen und zu denkmalpflegerischer Praxis; vielmehr werden die zahlreichen Verbindungen und Interdependenzen zu anderen, heute brandaktuellen Themengebieten – etwa den Theorien zu Nation und Nationalismus, den Politics of Identity, der Kulturerbetheorie etc. – deutlich. Huses Denkmalpflege ist über die Grenzen des Fachs hinaus von akuter gesellschaftlicher Relevanz.

Der Autor beginnt seine Analyse mit der Unterscheidung früher denkmalpflegerischer Initiativen von der institutionalisierten Denkmalpflege (Italienische Präludien, 11-16): „[…] denn aus der Menge der Nachrichten [über Erstere] auf Zusammenhang oder Kontinuität schließen zu wollen, wäre Illusion“ (11). Vielmehr war für Letztere der „Abschied von einer normativen Ästhetik und einem normativen Geschichtsverständnis im 18. Jahrhundert“ (15) Bedingung und Voraussetzung gleichermaßen. Denkmalpflege ist damit „ein Kind des Historismus und ein Enkel der Aufklärung“ (11).

In einem kurzen Überblick fasst Huse die Vorstufen und Voraussetzungen (17-33) der institutionalisierten Denkmalpflege anhand von Beispielen aus (Kultur-)Philosophie und Ästhetik (Nietzsche, Burckhardt), Literatur (Goethe, Von deutscher Baukunst, 1771) und juristischer Kodifizierung (etwa: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, 1794) zusammen, bevor er im Kapitel Nationaldenkmäler (34-61) anhand von weiteren Textzeugnissen – etwa von Ferdinand Max von Schenkendorf, Karl Friedrich Schinkel, Friedrich Schlegel, Joseph Görres und anderen – die Engführung von historischen Bauwerken mit Versuchen zur Bestimmung einer deutschen Nationalkultur und -religion unter dem Eindruck der napoleonischen Kriege nachzeichnet: „Zugleich führten die Gefährdung der nationalen Existenz in den napoleonischen Kriegen und die Ablehnung der liberalistischen Reformen Bonapartes als einer Spätfolge der Französischen Revolution zu einer pathosgeladenen Verbindung des Nationalen und des Religiösen. Diese Konstellation wirkte dann auch auf die Vergangenheit zurück und ließ aus einigen der zahllosen deutschen Ruinen Nationaldenkmäler werden“ (34). Hier formulieren Willer/Weigel/Jussen (2013) in ihrer Monografie zum Begriff des Erbes im Anschluss an Huse: „Die Etablierung des ‚kulturellen Erbes‘ funktioniert […] über eine Verwandlung von Artefakten der Vergangenheit in Monumente der Nation“ (25). Als prominente Bauwerke und aussagekräftige Belege dienen wiederum Huse die historischen Kontroversen um die Marienburg in Westpreußen und den Kölner Dom. An Letzterem und weiteren Beispielen zeigt der Autor auch, wie Bauwerke der Gotik nach Franzosen und Engländern bald auch den Deutschen als Beispiele  „ihres“ Nationalstils (39) galten.

Karl Friedrich Schinkel (62-83) als „bedeutendste[m] Architekt[en] seiner Zeit“, der zugleich auch „ihr bedeutendster Denkmalpfleger“ war (62) widmet Huse das folgende Kapitel. Schinkels Engagement erwuchs demnach aus dem Spannungsverhältnis zwischen den wachsenden baugeschichtlichen Kenntnissen, die sich einem neuen historischen Interesse verdankten einerseits und der „Zerstörungswelle“ der Französischen Revolution und deren Auswirkungen in den deutschen Fürstentümern andererseits. Die Konsequenz die Schinkel als Beobachter zog, war die Forderung nach einem staatlichen institutionalisierten Schutz für Kunstdenkmäler. Letztere „waren für Schinkel ein öffentliches Gut, ihre Erhaltung deshalb von öffentlichem Interesse. Öffentlichkeit aber war für den Preußischen Oberbaudirektor identisch mit dem Staat. Diesem sah Schinkel in der Denkmalpflege eine neuartige, kontinuierliche Aufgabe erwachsen […]“ (63). Schinkel forderte die Inventarisation der Kunstdenkmäler ebenso wie Zurückhaltung bei ihrer Restaurierung. In ausgewählten Texten von Franz Theodor Kugler, dem „Freund und Biographen Schinkels“, und Ferdinand von Quast, dem ersten Konservator von Kunstdenkmälern in Preußen, wird schließlich die Fortsetzung der Forderungen Schinkels, deren Kern Institutionalisierung und Qualifizierung der Denkmalpflege ausmachen, deutlich.

Im Kapitel Restaurieren oder Konservieren (85-124) umreist Norbert Huse den Ursprung der vielleicht bedeutendsten Kontroverse des Themengebiets, die bis heute unverändert maßgeblich zwischen Denkmalschützern, Kunst(Historikern) und Architekten besteht: Wie umgehen mit baulichen Zeugnissen, den „Dokumenten alter Kultur“ (Hermann Muthesius, 1902) oder „steinernen Urkunden“ (Zeitschrift Die Denkmalpflege, 1899)? Im 19. Jahrhundert waren es zunächst die Diskurse in Frankreich – „[…] eine handlungsfähige staatliche Denkmalpflege gab es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nur im zentralistischen Frankreich“ (85) – und England, die die Gelehrten in Deutschland beschäftigten. Die beiden Pole der Debatte, die sich hier bereits abzuzeichnen beginnen, bestehen in idealistischen Restaurierungen eines imaginierten „reinen“ Stils einerseits und dem „treuhänderischen“ Konservieren historischer Spuren andererseits. Als bedeutende Integrationsfigur führt Norbert Huse den französischen Schriftsteller, Ingenieurarchitekten und Theoretiker Eugène-Emmanuel Viollet-le-Duc an: „Seine technischen, organisatorischen und konzeptionellen Leistungen waren so außerordentlich, seine Aktivitäten so ausgreifend und seine Erfolge so strahlend, dass er lange Zeit auch für die Denkmalpfleger anderer Länder die Identifikationsfigur schlechthin war“ (85). Viollet-le-Duc selbst wandelte sich im Verlauf seiner Karriere vom „Anwalt größter Vorsicht“ (86) im Hinblick auf Restaurierungen zum Idealisten, der historische Gebäude „in einen Zustand der Vollständigkeit“ zurückversetzen wollte, „der möglicherweise nie zuvor existiert hat“ (88). Einen anderen Ansatz, nämlich den der „treuhänderischen“ Bewahrung authentischer historischer Spuren, verfolgten etwa die Engländer John Ruskin und dessen Schüler William Morris: „Der Feind, vor dem die Denkmäler geschützt werden sollten, waren die Restauratoren, also die damalige Denkmalpflege“ (92). Mit Gilbert Scott, dem „englische[n] Viollet-le-Duc“ hatte John Ruskin einen Gegenspieler, der ähnlich idealistische Positionen vertrat wie das französische Vorbild.

Die französischen und englischen Positionen beeinflussten die Debatte in Deutschland, die allerdings erst um einiges verspätet am Ende des 19. Jahrhunderts nachgeholt wurde (93). Als prominentes Beispiel führt Huse hier die Kontroverse um das im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1689-1693) zerstörte Heidelberger Schloss an, in die sich der Kunsthistoriker Georg Dehio 1902 mit seinem berühmten Text Was wird aus dem Heidelberger Schloss werden? einschaltete. Bis dahin jedoch galt maßgeblich eine Restaurierungspraxis, die Dehio in seinem Text als vandalisme restaurateur bezeichnet hatte und die den Baudenkmalen eher schadete als sie zu schützen. Ihr Ziel bestand in der Wiederherstellung eines vermeintlich „reinen Stils“, dem charakteristische Merkmale und Hinzufügungen späterer Epochen in „Purifizierungen“ geopfert wurden: „Binnen kurzem wurde aus solchem Restaurierungseifer eine Praxis, die schon wegen der Ignoranz und Indolenz vieler der Verantwortlichen den Denkmälern in wenigen Jahren weit mehr Schaden zufügte als die Jahrhunderte der Vernachlässigung (89)“. Unter dem Eindruck dieser Entwicklung und ihren Folgen für die Denkmäler setzte sich allmählich der Grundsatz der erhaltenden Konservierung vor der „wiederherstellenden“ Restaurierung durch.

Dabei blieb die Debatte im 19. Jahrhundert nicht auf einen engen Kreis von Experten begrenzt; von denkmaltheoretischen Fragestellungen wurden vielmehr auch Johann Wolfgang Goethe (Die Wahlverwandtschaften) und der Schriftsteller und oberösterreichische Konservator Adalbert Stifter umgetrieben. Neben entsprechenden Auszügen aus Goethes Roman (1809) und einem Bericht Adalbert Stifters über die Restaurierung des Kefermarkter Altars (Stifter: 1853, Altar: 15. Jh., Kefermarkt, Oberösterreich), führt Huse Schriften von August Reichensperger, Wilhelm Lübke, Theodor Fischer ebenso wie den Leitartikel zum ersten Heft der Zeitschrift Die Denkmalpflege (1899) unter anderen an.

Mit Denkmalwerte: Alois Riegl und Georg Dehio (124-149) widmet Norbert Huse wiederum zwei historischen Protagonisten ein eigenes Kapitel. Der Denkmalbegriff, den die beiden Kunsthistoriker in ihren Schriften zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickeln, ist im Grunde bis heute unverändert gültig. Beide trieb die Frage um, „[…] wer eigentlich, wann, mit welchem Recht und anhand welcher Kriterien Denkmaleigenschaften festlegt“ (124). Eine Antwort unter anderen fand Dehio mit der berühmten und viel zitierten Feststellung „Unsere Losung lautet: allerdings nicht restaurieren – wohl aber konservieren […]. Man konserviere, solange es irgend geht, und erst in letzter Not frage man sich, ob man restaurieren will“ (Denkmalschutz und Denkmalpflege im neunzehnten Jahrhundert, 1905). In diesem Zitat ist nicht nur der Paradigmenwechsel in der deutschen Denkmalpflege konserviert, es wird auch das verantwortliche Personal neu bestimmt. Fortan werden, wie Huse wiederum schreibt, „Selbstverständnis und Theorie der Denkmalpflege von den Kunsthistorikern bestimmt“ (124). Sowohl Georg Dehio als auch Alois Riegl traten für einen treuhänderischen Umgang mit Denkmalen ein. Die Rolle des Experten war die des redlichen Mittlers zwischen Vergangenheit, Zukunft und Gegenwartsinteresse, wobei dem Bauwerk urkundlicher Charakter zugesprochen wurde. Jede willkürliche Veränderung monumentalen historischen Textes jedoch bedeutet demnach eine Unaufrichtigkeit gegenüber der dem Bauwerk eingeschriebenen Geschichte. Alois Riegl war es auch, der jedem überindividuellen Denkmalwert eine Absage erteilte. Der Wert eines Denkmals ist vielmehr ein interpretatorisch-individueller: „Dass dieser Sachverhalt heute noch vielfach verkannt, der Denkmalwert noch immer vorwiegende im ‚Schönen‘ und im ‚Historischen‘ gesucht wird, ist die eigentliche Quelle aller Unklarheiten, Missverständnisse und erbitterten Streitigkeiten auf diesem Gebiete […] das erstere […] ist nur dem ästhetisch Gebildeten, das zweite bloß dem wissenschaftlich historisch Gebildeten zugänglich. Das Entscheidende in der Wirkung eines Denkmals auf den modernen Beschauer bildet keines von beiden. Dieses liegt vielmehr in einem an sich undefinierbaren Gefühl, das sich lediglich als eine unstillbare Sehnsucht nach Anschauung eines ‚Alten‘ äußert“ (Neue Strömungen in der Denkmalpflege, 1906)

Im Kapitel Denkmalpflege und Heimatschutz (150-181) zeichnet Norbert Huse eine weitere Öffnung von Denkmalbegriff und Gegenstand nach. Spielte das „Naturdenkmal“ im Denkmalkonzept Riegls bereits eine Rolle, so wird, wie Huse zeigt, an den Schriften etwa Paul Clemens deutlich, wie der Denkmalschutz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend auch vormals als unbedeutend wahrgenommene Architektur mit einbezog. Der Denkmalbegriff wird erweitert von „großen Bauorganismen von nationaler und provinzialer Bedeutung“ auf alle „kleinen, unscheinbaren Zeugnisse der Baukunst bis herab zu Heiligenhäuschen und Bildstöcken; […] bis herab zu den bescheidenen Schöpfungen der Volkskunst; das ganze Gebiet des Wohnbaus, des Bauernhauses, […] und ganz von selbst sind wir auf diese Weise gekommen zur Ausdehnung des Schutzes der Denkmalpflege auf das ganze Stadtbild, zur Erhaltung des historischen Ortsbilder, des Landschaftsbildes“ (Entwicklung und Ziele der Denkmalpflege in Deutschland, 1911). Denkmalpflege und Heimatschutz vollziehen im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts, wie Huse schreibt und mit Texten u. a. von Ernst Rudorff, Hugo Conwentz und Adolf Loos eindrucksvoll belegt, „endgültig [ihre] Vermählung“ (150). Nicht unwesentlich für diese Entwicklung war der Eindruck der „extreme[n] und massenweise[n] Gefährdung immer neuer Lebensbereiche. Der zunehmenden politischen Zentralisierung und der sozialen Nivellierung aller Lebensbereiche [der] immer mehr lokale und regionale Traditionen zum Opfer [fielen]“ (152). In Huses Auswahl historischer Texte stechen besonders die des tschechisch-österreichischen Kunsthistorikers Max Dvořák hervor, dessen Katechismus der Denkmalpflege (1915) in diesem Zusammenhang bis in die unmittelbare Gegenwart von Bedeutung ist.

Das Kapitel Denkmalpflege und Wiederaufbau (182-209) stellt die Zäsur des Zweiten Weltkriegs in den Mittelpunkt. Die beispiellose Zerstörung historischer Bauwerke stellte die Denkmalpflege nicht nur vor bis dahin ungekannte Herausforderungen. Mit dem Wiederaufbau der deutschen Städte wurden auch noch ganz andere Fragen nach Kompetenzen und Prioritäten aufgeworfen. Anhand verschiedener Kontroversen und unterschiedlicher Ansätze – als Beispiele dienen Huse etwa das Goethehaus in Frankfurt, die Alte Pinakothek in München, der Prinzipalmarkt in Münster oder das Gründungsviertel von Lübeck – zeigt Norberte Huse, das es verallgemeinerungsfähige Lösungen in der Denkmalpflege nicht gab und auch nicht geben kann.

Das wird deutlich im Ausblick von Norbert Huses Werk in dem der Autor mit dem Kapitel Probleme von heute (210-243) seine Argumentation schließt und dabei zeigt, dass die Themen der großen Vordenker der deutschen Denkmalpflege – Dehio und Riegl – nach wie vor brandaktuell sind: „Die Normalität des Instandsetzens, Renovierens, Sanierens und Restaurierens im Alltag hat heute mit der Arbeit der Amtswerkstätten höchstens noch den Namen gemein. Unwissenheit, Indolenz und die Sucht nach einem Zustand ‚wie am ersten Tage‘ gingen ein unseliges Bündnis ein. Die aus der Not der Trümmerwüsten geborene Einsicht, dass Konservieren nicht immer genüge, sowie der Glanz der scheinbar aus dem Nichts wiedererstandenen Großprojekte nährten die Meinung, man könne nicht nur ‚restaurieren‘, sondern müsse es auch […] Eine einigermaßen differenzierte Diskussion über Grundsatzfragen der Denkmalpflege gibt es in der Bundesrepublik erst seit gut fünfzehn Jahren. Im Anlass, in den Strukturen und auch in den Inhalten ist diese Diskussion der um die Jahrhundertwende erstaunlich ähnlich. Deren Argumente und Ergebnisse scheinen aber so weitgehend vergessen, dass der damals erreichte Stand oft erst mühsam und allmählich zurückgewonnen wird. Eins der Leitmotive war damals wie heute die Frage, was alles, in welcher Weise und für wen zum Denkmal werden kann“ (210f.). Gilt diese Feststellung vor dem Hintergrund gewichtiger Beiträge (etwa Kruft, 1993; Conrads/Neitzke, 2010; Scheurmann/Meier, 2013) auch nicht mehr absolut – der Blick nach Dresden, Frankfurt oder Berlin zeigt, dass die Tendenz unverkennbar dieselbe geblieben ist. So stehen die brillanten Beobachtungen Tilmann Breuers und dessen Vorschlag zu einer Systematik der Baudenkmalkunde, die in Denkmaltopographie, Denkmaltopologie und Denkmaltypologie unterscheidet, die gemeinsam die Denkmallandschaft (in einem wissenschaftlichen Sinn) bilden, vollkommen zu Recht am Ende von Huses Werk. Denn erst im Vergleich der historischen Wandlung der Inhalte dieser drei Kategorien kann sich Denkmalpflege als Wissenschaft Rechenschaft über sich selbst geben: „Hier wie überall gilt als Grundaxiom des wissenschaftlichen Fortschritts, dass er in der Schärfung, Verdeutlichung und damit in der Kritik der Begriffe liegt. […]“ (Breuer, Baudenkmalkunde. Versuch einer Systematik, 1981).

Norbert Huses Denkmalpflege. Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten gehört in den Bücherschatz eines jeden Geisteswissenschaftlers, der mit Fragen zu Kunst, Architektur, Kultur, Kulturerbe, Denkmalpflege, Identität und angeschlossener Gebiete befasst ist.